
24.920 Menschen erhoben sich von den Sitzen, schrien, klatschten, sangen und verstummten schlagartig in Minute 89. Bis dahin hatte Alemannia Aachen mit Herz und Leidenschaft dem Favoriten TSV 1860 München getrotzt. Doch dann schlugen die Löwen gnadenlos zu. Zwei Tore in zwei Minuten raubten der Alemannia nicht nur den verdienten Punkt, sondern auch ein Stück Hoffnung.
Ein Hexenkessel bis zur 64. Minute
Es war alles angerichtet. Schon Stunden vor dem Anpfiff drängten die Fans in Scharen Richtung Tivoli, schwarz gelbe Fahnen wehten über die Ränge, Trommeln gaben den Takt. Mein Eindruck „Hier wird heute keiner leicht gewinnen“, habe ich mir gedacht.
Und tatsächlich: Aachen war von Beginn an da. Aggressiv im Zweikampf, mutig im Vorwärtsgang. 1860 München, hoch gehandelt als Aufstiegskandidat, tat sich schwer, die eigenen Offensivkräfte in Szene zu setzen. Immer wieder peitschte die Westtribüne ihre Elf nach vorne.
Doch dann die 64. Minute: Gianluca Gaudino fliegt nach wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz. Ein Aufschrei geht durch den Tivoli, Wut und Entsetzen mischen sich mit Angst. Die Alemannia nun in Unterzahl ein Kampf gegen die Uhr beginnt.

Der späte Schock
Die Minuten verrinnen, jeder Ballgewinn der Aachener wird wie ein Tor bejubelt. Trainer Muzzicato gestikuliert wild an der Seitenlinie, treibt seine Elf an. „Noch zehn Minuten!“, schreit ein Fan hinter der Trainerbank. Hoffnung liegt in der Luft, dass es für den einen Punkt reichen könnte.
Dann die 89. Minute. Ein Pass, ein Lauf, ein Schuss Patrick Hobsch trifft. Plötzlich ist es totenstill im Stadion. Zwei Minuten später legt David Philipp nach. Aus dem erträumten Punktgewinn wird eine bittere 0:2 Niederlage. Die schwarz gelbe Euphorie verglüht im Flutlicht.
Stimmen voller Enttäuschung und Erleichterung
Benedetto Muzzicato, der Aachener Trainer, wirkt gefasst, fast nüchtern: „Wir haben es den Löwen lange schwer gemacht. Aber die Rote Karte hat uns gebrochen. Am Ende fehlte uns die Kraft.“
Sein Münchner Kollege Patrick Glöckner spricht von Geduld: „Wir wussten, dass wir in Überzahl den Druck aufrechterhalten mussten. Dass dann unsere Joker treffen, ist natürlich ein perfektes Signal für die Mannschaft.“
Ganz anders klingt es in der Gästekurve: Löwen-Fans feiern ausgelassen, singen Namen und Helden des Abends. „Sechzig kann aufsteigen!“, ruft ein Anhänger.
Die Emotionen am Tivoli
Die Alemannia Fans bleiben trotz der Enttäuschung fair, spenden Applaus für den leidenschaftlichen Auftritt. Viele Spieler gehen nach dem Schlusspfiff noch einmal zur Westtribüne, klatschen, senken dann den Kopf. Ein Wechselbad der Gefühle von stolzer Auflehnung bis hin zu tiefer Ernüchterung.
Für die Alemannia fühlt sich dieses 0:2 wie ein Schlag in die Magengrube an. Über eine Stunde lang war man ebenbürtig, doch am Ende fehlten Glück, Disziplin und Kraft. Für den Aufsteiger beginnt der harte Alltag im Kampf um den Klassenerhalt.
1860 München dagegen reist mit breiter Brust zurück nach Bayern. Zwei Joker-Tore, ein Sieg in einem Hexenkessel es sind genau solche Spiele, die am Ende über Aufstieg oder Nicht Aufstieg entscheiden.